Führt Klopp Liverpool zurück an die Spitze Europas?

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Nicht nur die Premier League sorgt derzeit für ordentlich Gesprächsstoff. Neben dem erfolgreichen Einstand von Jürgen Klopp in Liverpool und der Mourinho-Krise bei Chelsea werden auch die Korruptionsskandale bei FIFA und dem DFB in den Medien und zwischen Fußballfans weltweit diskutiert. Die Autoren von Inside 11 haben Stellung zu drei verschiedenen Thesen genommen und bieten somit ein aktuelles Meinungsbild.

„The Normal One“ in Liverpool

„Jürgen Klopp wird Liverpool wieder in die erste Riege europäischer Klubs führen!“

Philip: Jürgen Klopp wollte sich ja eigentlich ein Jahr Pause nehmen. Nach den turbulenten Jahren beim BVB wäre das sicher nicht falsch gewesen. Ich kann mir nur einen Grund vorstellen, warum Klopp sein Sabbatjahr um einiges verkürzt hat: Die Bosse des FC Liverpool müssen ihm ein Konzept vorgelegt haben, in dem er sich als Trainer sieht.

Jürgen Klopp ist ein wahrer Fachmann, was den Fußball angeht, er hätte diesem Konzept sicher nicht zugestimmt, wenn er nicht daran geglaubt hätte. Klopp wird mit Sicherheit Zeit brauchen, um sich zurecht zu finden, doch schon die ersten Spiele zeigen, dass er den „Klopp-Effekt“ auf die Spieler hat. Ja, Klopp wird beim FC Liverpool eine Ära begründen, und diese wird erfolgreich.

Luca: „Es ist angerichtet“, kann man sagen. Der FC Liverpool scheint wie gemalt für Jürgen Klopp. Ein traditionsreicher Verein, tolle Fans und das originale „You’ll Never Walk Alone“ – was will man mehr? Er wird auf jeden Fall Zeit brauchen, aber die englischen Vereine, und da ist Liverpool keine Ausnahme, sind ja geduldig mit neuen Managern. Es spricht sehr viel dafür, dass Jürgen Klopp erfolgreich sein wird und eigentlich nichts dagegen.

Einzig das könnte zum Problem für ihn werden, denn die Erwartungen sind hoch, auch wenn ihm Zeit eingeräumt wird. Dennoch glaube ich an Klopp und bin mir sicher, dass wir Liverpool spätestens in zwei Jahren wieder in der Champions League bestaunen dürfen. Und ganz ehrlich: da gehören dieser einzigartige Verein und dieser charismatische Trainer auch hin: auf die ganz große Bühne.

Florian: Jürgen Klopp war sowohl bei Mainz als auch beim BVB sehr erfolgreich. Jedoch hat er in Dortmund auch sehr viel Zeit bekommen, Zeit die er in Liverpool, trotz deutlich gesteigerter Erwartungen im Vergleich zum Amtsantritt in schwarz-gelb, nicht hat. Klopp ist kein Zauberer, er kann aus Liverpool nicht durch seine bloße Anwesenheit einen Titelanwärter machen. Der riesigen Euphorie, die herrschte, als er das Amt von Brendan Rodgers übernommen hat, kann er kaum gerecht werden.

Jedoch hat er mehrmals überragende Fähigkeiten nachgewiesen, gerade im Bezug auf Weiterentwicklung verschiedener Spieler. Hier findet er im Liverpooler Kader einige Talente die er schleifen kann, darüber hinaus verfügt er für externe Verstärkungen über deutlich mehr Geld als noch in Dortmund. Es ist Klopps Chance Europa zu zeigen, dass er auch jemand für die ganz großen Vereine wie bspw. Barcelona, Manchester United oder den FC Bayern München sein kann.

„Schöne neue Welt“ bei der FIFA?

„Der Abtritt Sepp Blatters wird die FIFA aus dem Sumpf der Korruption ziehen.“

Luca: So schön dies auch wäre, halte ich das für unwahrscheinlich. Sepp Blatter mag ein gieriger Machtmensch sein, doch war er in meinen Augen nie das Problem der FIFA. Dieses liegt in den Strukturen. Als Verein in der Schweiz unterliegt der gesamte Betrieb keinerlei Kontrollen. Das ist logischerweise enorm verlockend, wenn man sieht, wie viel Geld im Fußball generell im Spiel ist. Gelegenheit macht Diebe. So lange sich an den Strukturen grundlegend nichts ändert, dürfte es irrelevant sein, ob Sepp Blatter, ein jordanischer Scheich oder Lionel Messi persönlich das Präsidentenamt inne hat. Schmiergelder wird es weiter geben.

Florian: Weder die FIFA noch Sepp Blatter haben die Korruption erfunden. Und es wird für die Öffentlichkeit wohl auch nicht seriös nachvollziehbar sein, ob es sie noch gibt, wenn Blatter weg ist. Die momentane Situation kann zu einer neuen Art von Aufmerksamkeit und Sensibilisierung führen. Dass sie aber zukünftig Korruption verhindert, ist Irrglaube. Erst einmal gilt es abzuwarten, ob es sowohl im Falle der DFB als auch im Fall der FIFA Konsequenzen gibt und wie diese aussehen.

Philipp: Sepp Blatter ist nur die Spitze des Eisbergs. Ich habe allmählich wahrlich Bedenken, ob die FIFA überhaupt ohne Korruption zu führen ist. Ich denke das Problem beim Fußballweltverband liegt in seinen Statuten selbst. Es ist doch klar, dass sich der Abgeordnete eines Inselstaats sehr leicht bestechen lässt, wenn man mit einigen Scheinen winkt.

Doch auf der anderen Seite ist eine Umverteilung, die mehr Macht für die „größeren“ Verbände zur Folge hätte, vielleicht auch nicht das Wahre, wenn man sich die Schlammschlacht anschaut, die gerade beim DFB stattfindet. Ich denke nicht, dass sich unter einem neuen FIFA Präsidenten sehr viel ändern wird. Leider.

„The Special One“ unter Druck

„Muss José Mourinho als Reaktion auf die Krise bei Chelsea seinen Hut nehmen?“

Florian: Das Standing Mourinhos an der Stamford Bridge ist schon ein sehr besonderes. Die Blues wurden in jüngerer Historie viermal Meister, drei dieser Erfolge entstand unter José Mourinhos Leitung. Allein die Tatsache dass er noch da ist, muss man als großes Zugeständnis in seine Richtung sehen. Man erinnere sich hier beispielsweise an Roberto Di Matteo, den selbst ein Triumph in der Champions League nicht im Amt halten konnte.

Mourinho hatte die Situation im Verein bereits zu einem früheren Zeitpunkt mit der Saison des BVB im letzten Jahr verglichen und hat damit nicht Unrecht. Ich rechne, parallel zu Jürgen Klopp im letzten Jahr, auch an der Stamford Bridge damit, dass Mourinho und Chelsea, wenn es irgendwie geht, die Saison gemeinsam zu Ende führen werden, um dann einen Nachfolger präsentieren zu können, welcher den Erwartungen des Vereins entspricht.

Philipp: Dem heutigen Fußball fehlt es an Konstanz. Trainer brauchen nur ein paar Mal zu verlieren, und sie sind ihren Job los. Das ist meiner Meinung nach der falsche Weg. Klar kann Chelsea den Titel diese Saison vergessen, aber es wäre dennoch falsch, wenn Mourinho jetzt gehen würde. Mourinho ist als Trainer ein Genie, sowohl in taktischen Belangen als auch in disziplinären. Sobald er es schafft, die angebliche Meuterei in seiner Mannschaft unter Kontrolle zu bringen, wird er Chelsea wieder in Richtung der Tabellenspitze manövrieren.

Luca: Unter normalen Umständen muss man davon ausgehen. Beim „Special One“ ist zwar nichts normal, aber die Mechanismen des Geschäfts wirken irgendwann auch bei ihm. Sein Nimbus ist natürlich enorm, was auch der Grund sein dürfte, wieso er trotz geradezu traumatisierenden Resultaten immer noch von der Chelsea-Bank aus Schiedsrichter beschimpfen darf, aber wenn er nicht sofort den Schalter umlegen kann, wird er Weihnachten in London arbeitslos verbringen.

Gegen Kiew ist ein kleiner Befreiungsschlag geglückt, aber problematisch bleibt weiterhin, dass der FC Chelsea offensiv kein konstant wirkungsvolles Stilmittel gefunden hat, um Torchancen zu erspielen. Und vor allem war wohl noch kaum ein Team unter Mourinho defensiv so fehleranfällig wie die Blues zur Zeit. Die Abwehr wirkt kollektiv verunsichert und die Spieler mit der Klasse, Spiele normalerweise im Alleingang entscheiden zu können, können (oder wollen?) momentan ihre Form nicht abrufen. Mourinhos Glück mag noch sein, dass gerade kein großer Trainername für Chelsea verfügbar ist.

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