So funktioniert das „System Red Bull“

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Kein Verein steht derzeit derart stark in der Kritik wie die Red-Bull-Teams. Seit dem Einstieg des Brauseherstellers 2005 beim SV Austria Salzburg hat sich einiges geändert. Der Marketing-Verein hat sich zu einem Imperium entwickelt, zu einem Netzwerk, das derzeit in fünf verschiedenen Ländern vertreten ist. Inside 11 versucht, das „System Red Bull“ zu durchleuchten. Neben der Entstehung des Netzwerks geht es auch um die Philosophie und den Spielstil der roten Bullen.

Viele Hindernisse und Gegner

Im Jahr 2005 wurde der erste Red-Bull-Verein aus dem SV Austria Salzburg gegründet. Nach der Übernahme der Salzburg Sport AG durch Red Bull wurden mehrere RB-Mitarbeiter in den Vorstand von Austria Salzburg berufen. In einer Generalversammlung wurde der Verein als FC Red Bull Salzburg neu gegründet. Trotz Protesten vieler Fans wurden die Vereinsfarben und das Wappen ausgetauscht. Dies ging soweit, dass der Ursprungsverein SV Austria Salzburg von Fans neu gegründet wurde. In den folgenden Jahren konnte Red Bull Salzburg die österreichische Meisterschaft fünf Mal gewinnen.

Red Bull Ghana, Red Bull Brasil

Im folgenden Jahr wurde das MLS-Franchise MetroStars übernommen und in New York Red Bulls umbenannt. Der augenscheinliche Marketing-Verein konnte die beiden Altstars Thierry Henry und Tim Cahill verpflichten. Im selben Jahr entschloss man sich, Red Bull durch ein hervorragendes Scouting bekannt zu machen. So wurde die Soccer School Lavanttal in Sogakope aufgekauft und in West African Fotball Academy umbenannt. Der Ausbildungsverein Red Bull Ghana wurde gegründet.

Bereits ein Jahr später wurde in Brasilien Red Bull Brasil aus dem Boden gestampft um junge Spieler in Sao Paulo zu scouten und auf längere Zeit in Europa zu integrieren. So wurde zum Beispiel der heutige Salzburg-Verteidiger Ramalho in der brasilianischen Akademie entdeckt und über die Red Bull Juniors und die Farmvereine Liefering und Anif in die erste Mannschaft integriert. Heute hat Ramalho einen festen Platz im Kader und bereits einige Interessenten aus England und Deutschland.

Red Bull betritt deutschen Boden

Nach der anhaltenden Dominanz im österreichischen Fußball wollte man nun in einem anderen Land Fuß fassen. So versuchte Red Bull den FC Sachsen Leipzig zu übernehmen, wurde aber vom DFB daran gehindert. Man gründete kurzerhand den eigenständigen Verein RB Leipzig. 2013 schaffte man den Sprung in die 3. Liga, ein Jahr später folgte der nächste Aufstieg.

Wegen Lizenzschwierigkeiten musste das Logo leicht abgeändert werden, danach stieg man in die 2. Bundesliga auf. Man kündigte an, dass man mit RB Leipzig künftig ein Team in der Bundesliga etablieren wolle. Die Angst der Red-Bull-Salzburg-Fans, dass ihr Verein ein Farmverein werden könnte, sei aber unberechtigt.

Als zu Beginn des Jahres 2012 die beiden Jugendakademien in Afrika und Brasilien begannen, Früchte zu tragen, musste ein weiteres Team her. USK Anif wurde als Sponsor übernommen und in den FC Liefering umbenannt. Nun konnten die Ü18-Spieler, welche nicht stark genug für die erste Liga waren, einen normalen Liga-Alltag durchleben und bei guten Leistungen in die erste Liga aufrücken. 2012 wurde Red Bull zudem Sponsor des FC Pasching. Der Drittligist gewann 2013 den ÖFB-Cup.

Der Red-Bull-Fußball wird bewundert

Neben der anhaltenden Talentsuche soll Red Bull auch wegen dem außergewöhnlichen Fußball bewundert werden – und das haben sie geschafft. Das Salzburger Pressing ist in der österreichischen Liga einmalig. Alle Mannschaften von Red Bull sollen für die gleichen Werte stehen: Aggressivität, Intensität, Konsequenz und Geschwindigkeit. Vor allem letzteres ist im Fußball von Red Bull sehr wichtig. So wird erwartet, dass die Akteure auf dem Platz bereits zehn Sekunden nach Balleroberung die erste Torchance haben.

Red-Bull-Fußball ist moderner Fußball, eben deutlich schneller und aggressiver als er noch vor einigen Jahren gespielt wurde. – Alexander Zickler

Diese starke Spielweise mussten bereits mehrere, auch ausländische, Vereine über sich ergehen lassen. So trat der FC Bayern München im Januar gegen Red Bull Salzburg an. Eine etwas geschwächte A-Elf wollte sich für die Rückrunde wieder etwas einschießen. Der FC Bayern verlor dieses Spiel 0:3. Pep Guardiola fand lobende Worte für den Gegner aus Salzburg. In der vergangenen Vorbereitungsphase spielte Aufsteiger RB Leipzig zudem gegen das dezimierte Paris St. Germain. Hier hatten Ibrahimovic und Co. das Nachsehen und mussten den Platz nach einer 2:4-Niederlage verlassen.

Nicht zuletzt absolvierten die New York Red Bulls ein Testspiel gegen Arsenal. Die ehemalige Arsenal-Legende Thierry Henry konnte auch hier als Sieger vom Platz gehen. Die New Yorker besiegten den englischen Pokalsieger mit 1:0 im eigenen Stadion.

Rollen sind klar verteilt

Das Scoutingsystem im Red-Bull-Netzwerk ist einzigartig. Das MLS-Franchise aus New York hält sich hier größtenteils raus. Hier spielen kaum Spieler aus den Jugendakademien oder aus Leipzig und Salzburg. Thierry Henry oder Tim Cahill im Red-Bull-Trikot sind nun mal gute Werbefiguren – die New York Red Bulls sind ein Franchise und hervorragend für das Image des Getränkeherstellers.

Dann verbleiben noch die beiden „Langzeitprojekte“ Red Bull Salzburg und RB Leipzig, die beiden Jugendakademien in Brasilien und Ghana und der Farmverein FC Liefering. Die Rollen in diesem Netzwerk sind ganz klar verteilt. In Brasilien und Ghana sollen junge Spieler gefunden und geschult werden. Bei guten Leistungen wechseln sie je nach Niveau nach Liefering oder in die Jugend der beiden großen Vereine aus Salzburg und Leipzig.

Leizpig könnte bald Priorität haben

Laut Red Bull ist Leipzig dafür zuständig, junge Spieler im Norden zu scouten, während sich Salzburg im Süden umschaut. Die Talente wechseln dann in die Jugend einer der beiden Vereine. Nach der U18 wechseln die Spieler bei guten Leistungen zum FC Liefering und werden dort weiter geschult. Der Kader von FC Liefering entspricht voll und ganz den Vorstellungen der Red-Bull-Verantwortlichen: Das Durchschnittsalter liegt bei 19 Jahren. Neben österreichischen Talenten spielen bei Liefering in der 2. österreichischen Liga auch Deutsche, Amerikaner, Kroaten, Brasilianer und Ghanaer.

Die Beziehung zwischen Leipzig und Salzburg wird sich in den kommenden Jahren stark verändern. Spieler wechseln heutzutage zu Salzburg, um in der Champions League internationale Erfahrung zu sammeln. So wurde Massimo Bruno nach seiner Verpflichtung von RB Leipzig direkt nach Salzburg verliehen. Die 2. Bundesliga ist schlicht nicht sein Niveau. Red Bull Salzburg soll in der Champions League durchstarten, während Leipzig den Aufstieg in die 1. Bundesliga schaffen soll.

Dies könnte sich bereits nächstes Jahr ändern – falls Leipzig den Durchgang in die 1. Bundesliga schafft. Sollte das geschehen, wird Leipzig den Vorrang haben. Mit RB will man in die Champions League, vielleicht sogar die deutsche Meisterschaft gewinnen. In Salzburg werden dann Top-Talente ausgebildet. Laut dem Red-Bull-Boss soll Salzburg eine nahezu reine U21-Mannschaft werden, welche aber „sehr wohl um die Meisterschaft mitspielen kann“.

Selbst wenn Leipzig irgendwann mal Erstligist ist, wird Salzburg nie ein reiner Ausbildungsverein für einen anderen Standort sein. – Ralf Rangnick

Das Red-Bull-Netzwerk wächst immer weiter – trotz der Proteste und Hassaktionen gegen den österreichischen Getränkehersteller. In letzter Zeit wurde sogar über ein Einstieg der Österreicher bei einem Premier-League-Verein spekuliert. Demnach wollen die Red-Bull-Verantwortlichen den Verein als Stammgast in der Champions League etablieren – und dafür keine Kosten und Mühen scheuen. Neben kleineren Vereinen wie West Ham United oder Crystal Palace, wird auch Liverpool mit einer Übernahme in Verbindung gebracht. Die Liverpool Red Bulls – reine Fantasie oder schon bald Tatsache?

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