Homophobie – eine Schande für den Fußball

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Der Rapper Bass Sultan Hengst hat dem Rap-Geschäft unlängst einen Spiegel vorgehalten, als er auf seinem Album-Cover zwei sich küssende Männer präsentierte. Entsprechend groß war das Medienecho. Doch wer meint, der Fußball hätte kein solches Problem, der war wohl noch nie in einer Fankurve. Ein Kommentar von Philip Hell.

Einer von Abertausenden

In unserer Bundesliga haben abertausende Spieler gekickt. Einer (!) hat sich bisher geoutet. Doch dass Thomas Hitzelsperger der einzige schwule Fußballer ist, kann nicht möglich sein. Es muss weitere geben. Doch der Druck der Öffentlichkeit ist anscheinend so unmenschlich, dass sich noch keiner getraut hat, sich während seiner aktiven Karriere zu outen.

Zu groß ist die Angst, dass die gegnerischen Fankurven einem Woche für Woche das Leben zur Hölle machen. Da ist der Fußball anders als beispielsweise die freie Wirtschaft. Einem Manager, der sich outet, werden wohl kaum bei jedem Meeting homophobe Parolen entgegenschlagen.

Unsere ganze Gesellschaft ist mittlerweile auf einem guten Toleranzlevel. Warum der Fußball nicht? Diese Frage ist schwierig zu beantworten. Zum einen geht es den Vereinen sicher darum, das Bild der harten Männer, die jede Woche rausgehen und sich bis auf die Knochen bekriegen, zu wahren.

Den meisten Fans scheint diese Illusion wichtig zu sein. Sie wollen nicht wahrhaben, dass – spätestens seit David Beckham – Fußballer Popstars sind. Und diese Popstars durchaus auch mal modeln oder Werbung für Gesichtscreme machen.

Die Parallelwelt der Fußballfans

Erst im Stadion „schwule Sau“ herumbrüllen und sich dann im Berghain vor einem überlebensgroßem Anusgemälde die Kante geben. Eine typische Auswärtsfahrt nach Berlin. Passt aber nicht so ganz zusammen. Doch das ist genau der Punkt, warum der Fußball nicht so tolerant zu sein scheint, wie der Rest unserer Gesellschaft.

Für die meisten Fans ist der Stadionbesuch ihre einzige Gelegenheit, ihr Innerstes nach außen zu kehren. So manch ein Familienvater zettelt plötzlich eine Schlägerei an oder der Einser-Schüler wirft mit Bengalos um sich. Emotionen sind das Beste, was dem Fußball passieren kann. Doch wenn Emotion in Hass und Beleidigung umschlägt, dann entwickelt sich ein unmenschlicher Druck auf die Akteure des Fußballs, ihr Innerstes zu verbergen.

Ein Vokal – zwei Welten

Sicher würden es die meisten Zuschauer unterstützen, wenn sich ein Spieler outet. Doch die Fankurve schreit lauter als der Haupttribünenzuschauer. Auch wenn Vereine wie der FC St. Pauli klar gegen Homophobie Stellung beziehen, ist das nicht die Regel. Anhänger des FC Bayern haben im Jahr 2014 ein Plakat mit der Aufschrift: „Gay Gunners“ hochgehalten.

Diese dumme Aktion brachte dem FC Bayern eine Blocksperre ein. Aber hey, „Ausgesperrte immer bei uns“. Hier konnten die Bayern Fans endlich die Aussage dieses großflächig angebrachten Plakats mit Leben füllen. Arme Vollidioten, kaum hängt man ein vor Blödheit strotzendes Plakat auf, kassiert man schon so eine unmenschliche Strafe. Den unterbelichteten Fans, die dieses Statement abgeben mussten, wird wohl nicht bewusst sein, dass der FC Arsenal eine Aktion mit dem Namen „Gay Gooners“ ins Leben gerufen hat. Diese ist Teil der LGBT-Bewegung.

Doch auch im deutschsprachigen Raum gibt es Initiativen gegen Homophobie. Ein Beispiel ist der sehr empfehlenswerte Blog Ultrapeinlich, der teils schockierende Fundstücke aus der Welt der Ultrabewegung zeigt. Aufkleber wie „Schwulenliebe ist ok, Schickeria und USP“ sind noch die etwas leichteren Beleidigungen. Anscheinend gibt es immer noch Idioten, die Schwulsein als Schwäche empfinden.

Eine Schande für den Fußball

Dass es immer noch homophobe Tendenzen unter Fußballfans gibt, ist eine Schande für uns Alle. Und nicht zuletzt eine Schade für unseren Fußball. Wenn es sogar der Hip-Hop schafft, sein homophobes Image abzustreifen, werden es doch bitte auch die letzten Hohlbirnen auf der Tribüne schaffen. Jedes „Schwule Sau“ beleidigt Millionen von Menschen, die schon im alltäglichen Leben mit Anfeindungen zu kämpfen haben.

Anscheinend ist es ganz normal einem 15-jährigen Mädchen, das offen homosexuell ist, „hässliche Lesbe“ hinterherzurufen. Genauso scheint es normal zu sein, übelste homophobe Beleidigungen auf Fußballer loszulassen. Egal ob im Internet oder im Stadion. So kann es nicht weitergehen. Jeder vernünftige Fan sollte sich von seinen homophoben Mitstreitern distanzieren! Und sich gegen diese engagieren.

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