Kießlings Phantomtor – eine andere Sichtweise

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Stefan Kießling und sein Phantomtor haben die Schlagzeilen nach dem 9. Spieltag dominiert. Kießling köpft den Ball aufs Tor. Alle wollen gesehen haben, dass der Ball nicht im Tor war. Tatsächlich war er aber drin. Er hat die Torlinie dabei bloß nicht überquert. Durch ein Loch im Seitennetz schlug der Ball ein – das Phantomtor von Sinsheim! Daraufhin sah sich der Angreifer vielen Anfeindungen aus der Liga, aber vor allem im Internet ausgesetzt. Aber was hätte Kießling anders machen können?

Der Gerichtsentscheid zum Phantomtor

Die Hoffenheimer haben auf ein Wiederholungsspiel gedrängt. Die Folge war eine Gerichtsverhandlung zum Thema Phantomtor. Sowohl Stefan Kießling, als auch der unglücklich agierende Schiedsrichter Felix Brych mussten dort aussagen.

Ich habe gedacht, der Ball geht am Tor vorbei. Ich habe den Ball aus den Augen verloren durch eine Sichtbehinderung. Danach habe ich gesehen: Der Ball lag im Tor. – Felix Brych

Ich sehe den Ball Richtung Außennetz fliegen, die Sicht war versperrt, ich sehe den Einschlag nicht, aber dass der Ball dann im Tor war. – Stefan Kießling

Kießling führte weiterhin aus, dass er glaubte der Torwart habe den Ball vielleicht selbst noch ins Tor befördert. An ein Phantomtor durch ein Loch im Netz habe er gar nicht gedacht. Dem Gericht blieb nichts anderes übrig, als das Spiel anzuerkennen. Nach dieser Schilderung war sich Kießling keiner Schuld bewusst. Der „Shitstorm“ im Internet wäre demzufolge grundlos erfolgt.

Über Schuld und Ehrlichkeit

Aber einmal angenommen Kießling wusste, dass der Ball nicht regelgerecht die Torlinie überquert hat. Und genau dies scheinen ihm viele Fußballfans zu unterstellen. Was hätte er tun sollen? Ein Spieler hat natürlich die Möglichkeit zu sagen, dass das Tor nicht regulär entstanden ist. In diesem Fall zählt es nicht. Der Spieler wird für seine Ehrlichkeit gelobt und verdient sich Respekt. Dieser hält leider nicht so lange vor, wie die derzeitigen Negativschlagzeilen bezüglich des Phantomtors.

Es gibt hier aber auch einen Konflikt mit dem Arbeitgeber. Auch seine Loyalität war gefragt. Hätte Leverkusen 3:0 geführt und Kießling hätte die Szene genau erfasst, dann hätte er einen Spielfehler sicherlich eingestanden. Aber es ging um drei Punkte. Der Unterschied zwischen dem Unentschieden und einem Sieg machen immerhin noch zwei Punkte aus. Wie hätte der Angreifer seine Ehrlichkeit rechtfertigen können, wenn der Verein dadurch vielleicht nicht in die Champions League einzieht und plötzlich ein Millionenbetrag in der Kasse fehlt?

An dieser Stelle sollte einmal kurz über die Fairness unter Fußballern gesprochen werden. Das Phantomtor von Kießling war ein Sonderfall. Solche Phänomene treten selten auf. Was jedoch an jedem Wochenende beobachtet werden kann, ist wie Spieler im Strafraum Schwalben produzieren und auf diese Weise versuchen sich ein Tor zu erschleichen. Der Unterschied zwischen einem Phantomtor und einer Schwalbe liegt lediglich darin, dass letztere mit Absicht begangen wird. Das „Spielelement“ Schwalbe ist jedoch so tief im Fußball verankert, dass darüber kaum noch gesprochen wird. Vielmehr kann zwischen den Worten vieler Fans herausgehört werden, dass diverse Schwalben so gut gemacht waren, dass der Elfmeter schon wieder gerechtfertigt ist.

Aber wo empören sich die Fans über die vielen Schwalbenkönige im Internet? Kießling steht jetzt schon seit dem 18.10.2013 am Pranger, wegen einer Szene, die er vermutlich nicht richtig sehen konnte.

Mitschuldige am Phantomtor

Zudem ist es nicht richtig, Stefan Kießling das Phantomtor alleine zuschreiben zu wollen. Auch der Schiedsrichter mit seinen Assistenten, die – nebenbei bemerkt – mit zur Weltmeisterschaft nach Brasilien fahren, hat seinen Teil zur Niederlage Hoffenheims beigetragen.

Auch Hoffenheim selbst muss sich hinterfragen. Denn natürlich hätte das Spielgerät in funktionstüchtigem Zustand sein müssen. Ein Fußballtor darf dementsprechend kein Loch im Netz haben, welches der Größe eines Fußballes entspricht.

Ob der Fußball an sich nicht einer Überarbeitung bedarf, sollte ebenfalls überlegt werden. Durch den Einsatz einer Torlinientechnik oder den Videobeweis könnten solche Fälle wie das Phantomtor Kießling zukünftig vermieden werden. Die Schiedsrichter scheinen mit dem schnellen Spiel der letzten Jahre häufig überfordert und könnten durch technische Hilfsmittel entlastet und aus der Schusslinie genommen werden.

Was meint Ihr zur Problematik Phantomtor? Hat Kießling gewusst, dass der Ball die Linie nicht regelgerecht überquert hat? Hätte er es in diesem Fall zugeben sollen? Und wie können Phantomtore zukünftig vermieden werden? Oder gehören diese Sonderfälle sogar zum Fußball und sollten erhalten bleiben? Dann doch aber bitte ohne die Anfeindungen an Spieler wie Kießling.

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